Für uns eine wirklich unschöne Vorstellung beim Schwimmen eventuell mit einer Wasserleiche zusammenzustoßen oder beim Gang am Ufer einer Angeschwemmten zu begegnen. Ständig starrte man wie gebannt aufs Wasser und vermutete ständig in all den treibenden Teilen irgendwo dergleichen entdeckt zu haben. Da die meisten Inder jedoch nicht schwimmen können, weswegen sie beim Baden immer in der Nähe des Ufers bleiben oder sich alte Plastikflaschen als Auftriebshilfe auf den Rücken schnallen, passiert ersteres zumindest wohl eher selten.
Letzteres schon häufiger. Ständig wird berichtet, dass durch die Strömung in irgendeinem Nebenarm des Ganges dutzende Leichen angesgepült wurden.
Da kommt er einem schnell wieder in den Sinn. Der Ausdruck der einem manchmal gleich mehrmals täglich durch den Kopf schießt....
“Incredible India“!
Der Ausspruch der zehntausendfach auf Plakaten in Indien geschrieben steht, ist wirklich nicht übertrieben und wir werden ihn wohl niemals vergessen.
Vorbei an unzähligen kleinen Tempel mit vielen verschiedenen Göttern, hinweg an den in der Dämmerung immer unkenntlicher werdenden und nach einem greifenden Arme. Vorbei an den beleuchteten in Rauch gehüllten Sadhus in ihren bunten Gewändern und ihren Zeremonien geht es schließlich zurück ins Guesthouse. Es war mal wieder genug an diesem Tag für alle Sinne. Die Augen brannten, die Ohren klingelten, der pelzige Geschmack im Mund und der verbrannte Geruch in der Nase ließen einen erstmal nach Regenerierung, Verabeiten, Runterkommen lechzen. Manchmal fragten wir uns dann: „Haben wir das gerade da draussen nur alles geträumt?“ Manchmal riss einer von uns eine der Gardinen unseres Guesthouses zurück um zu bemerken. Nein, das da draußen ist wirklich Realität.
Zu Gast nach Monaten in einem (immer noch) fremden Land.
Fasziniert von der Andersartigkeit ließ uns besonders Varanasi mit gemischten Gefühlen zurück. Was wir jedoch allerspätestens hier begriffen haben war, dass wir Indien niemals richtig verstehen werden! Als Reisender auf dem Motorrad sind wir, nach einem Jahr schon so einges gewohnt und ohne schützende Hülle im Vergleich zur Reise mit Auto, Bus LKW direkt auf der Strasse zuhause. Man bekommt so einen unverblümten sehr direkten Kontakt zur Bevölkerung. Man ist ohne Scheibe und Blech direkt und immer "an den Menschen". Was sicherlich auch den gewissen Reiz dabei ausmacht, aber manchmal auch sehr anstrengend werden kann. Man kann sich halt oft nicht einfach zurückziehen und die Tür zumachen und mal kurz durchatmen. Varanasi war auch für uns eine Herausforderung. Wie soll es da erst für den 2 Wochen Indien-Ecotripreisenden aus Werne Eikel sein?
Selbst der Tuk-Tuk- Fahrer verriet uns, dass er eigentlich aus einer anderen indischen Stadt komme und selbst für ihn Varanasi manchmal einfach zu „crazy“ sei. Dem ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.... Als Reisender dieses Land mit seinen abertausenden Gottheiten und Gebräuchen zu bergreifen ist wohl schier unmöglich, wenn selbst Einheimische damit so ihre Probleme haben.
Trotzdem ist die Stadt aus unserer Sicht vermutlich einer der wichtigsten oder vielleicht die Wichtigste im Land. Man muss sie einfach gesehen haben, um die Grundlage des Hinduismus zu verstehen.
Wir sagen bewusst „ansatzweise“. Aus unserer Sicht kann man nämlich, wenn man Glück hat die leuchtende Fassade ggf. vielleicht ankratzen, dabei versuchen einzutauchen und sich auf den Weg machen. Jedoch wird man viele dunkle Sackgassen in Kauf nehmen müssen, um hinterher wieder kopfschüttelnd am Kern vorbei an der glänzenden Oberfläche zu landen. Keine Sorge: Das geht jedem so!
Gerade deshalb ist Indien, ob man es nun endgültig liebt oder hasst, wohl zumindest eines niemals: Langweilig!