Am nächsten Morgen ging es dann auch früh los. Zu mindestens die Polizei war ja nun schon mal pünktlich da und was sollte da noch groß schief gehen. Grenze wir kommen! Heute Abend haben wir den halben Weg nach Quetta und damit ein drittel der gefährlichen Strecke hinter uns, da waren wir uns vollkommen sicher. Auf die Nachfrage wie lange es dauern würde, meinte unser "Mister Security Polizei" nur, "Heute Nachmittag seit ihr in Taftan!" Na klar, dachten wir, wieder ein Iraner der der englischen Sprache nicht mächtig ist. "Heute Nachmittag sind wir drei Kollegen in Dalbandin und haben die halbe Strecke nach Quetta hinter uns!", entgegneten wir. Keine Antwort seinerseits.
Nun mal besser erstmal schnell los, aber da hatten wir die Rechnung ohne unsere ausgebuffte "Leibgarde" gemacht. Es ging wirklich los, aber nur bis zum ersten Checkpost, ungefähr 1 km weiter.... Hier wurden wir an das nächste Kollegenfahrzeug übergeben, die uns zur Station oder Stadtgrenze brachten. Dies war nun vorläufig und gleichzeitig die vorzeitig Endstation, wie sich später herausstellte. Das ganze natürlich mit lautem Gehupe und Sirenengeheul und ohne für uns ersichtlichen Grund. Nach dem Motto: Seht alle her! Hier kommen sie! Die Idioten, die so blöd sind durch diese Gegend zu fahren! Alles drehte sich natürlich um, stoppte, tuschelte und jetzt wusste innerhalb Minuten auch der letzte schlafende Talibanspitzel oder Belutschiseparatist in der Stadt das wir da waren. Hier kommt heisse Auslandswahre!, informiert schon mal die Kavallerie. Diskret und professionell sieht wohl anders aus. Nun konnten wir uns also Zeit lassen. Alle bösen Jungs waren von hier bis ins entfernte Quetta nun wahrscheinlich sowieso schon im Bilde. Es gab eh nur eine Richtung und eine Straße auf der wir fahren werden. Ausweichen unmöglich. Irgendwann werden die Deutschen also schon kommen. "Geduld ist eine Tugend" und das sollten wir nun eingehämmert bekommen.
Deshalb war es auch gar kein Problem das dieser Stopp nun erst mal etwas ausgiebiger wurde. Es wusste ja, sowieso schon jeder in der Gegend das wir da waren. Sie würden nur mal kurz die Leute wechseln und dann sollte es gleich weiter gehen, sagten sie zu mindestens und "bumm" war das Tor zu und wir standen ganz alleine draussen. Direkt vor der Polizeistation an einer Hauptausfallstrasse, kein Aufpasser mehr da und wir für jeden LKW-, Auto-, Mopped-, Fahrradfahrer und Fußgänger gut sichtbar. Sie alle hupten, klingelten und riefen uns dabei unentwegt zu.
Immerhin waren wir schon aus der Stadt heraus, machten wir uns zu der Zeit noch Mut. Nach der ersten halben Stunde warten, fragte wir kurz nach, wann es denn nun endlich weitergehen würde. "Just for Information", und so. "Sehr bald my Friend!", entgegnete man mir durch die Luke am Tor und schlug sie daraufhin wieder zu. Ich liebe präzise Antworten.
Natürlich brauche ich nicht zu erwähnen, dass wir eine geschlagene Stunde später immer noch an selber Stelle in der wärmer werdenden Sonne standen und dabei langsam aber sicher unsere Fäuste immer tiefer in den Taschen ballten. Wir währen sicher auch schon längst weg gewesen, hätten, ja hätten unsere top organisierten Jungs nicht unsere Pässe in ihrer Festung gehabt....
Irgendwann nach einer weiteren halben Stunde und verärgerten Nachfragen kamen Sie nun, nach fast 2 Stunden des Wartens, aus ihrer Burg heraus. Wow! Nun ging es aber richtig in die Vollen! Ein Pick-Up und 6 Knirpse (alle Jünger als wir) samt AK-47 auf der Ladefläche. Endlich zur Grenze, oder? Das sah wirklich so aus und wir rollten wenigstens das erste mal wieder. Ja ihr ahnt es schon. Nicht lange. Der nächste Checkpost an dem wir stoppten war noch in Sichtweite der Station! Hier war ihr Zuständigkeitsbereich nun schon wieder zu Ende. Man glaubt es kaum! "Die sind doch total bescheuert", entfuhr es mir bei all der Ernüchterung. Für 2km Luftlinie haben wir jetzt 2 Stunden gewartet und so langsam stieg Wut in uns auf. Aber schön ruhig bleiben, denn erst mal mussten wir uns, zu unserer Sicherheit, wieder eintragen lassen.
Um dem Wahnsinn am Vormittag noch die richtige Würze zu geben, kam nun unser von uns selbst so benannter, übergewichter Karatekämpfersergeant ins Spiel. Denn ab hier übernahm nun die Armee. Warum wir ihn so nannten? Entschuldigung aber an irgendeiner Stelle kommt dann irgendwann einfach Galgenhumor mit ins Spiel. Dazu muss ich vielleicht nochmal kurz zusammenfassen.
-Stunden des Wartens im vollen Verkehr und für alle Welt sichtbar, natürlich nur zu unserer vermeintlichen Sicherheit, tragen bei uns als effiziensorientiert verschriehene Deutsche, in keinster Weise zur Vertrauensbildung in ihre Kompetenz bei. So einfach ist das.
Da wo wir gerade noch in sechs Kalaschnikov Läufe blickten, hatte unsere neue "Security in einer einzigen Person nun gar keine Bewaffnung dabei, wenn man die drei Reisepässe von Max, Corinna und meiner Wenigkeit, die er sich natürlich noch vor unseren Augen ganz genüsslich tief in seine hintere Gesäßtasche stopfte, als Waffe einmal absieht. Wie sollten wir das jetzt verstehen?
Also musste dieser Mann doch nun einfach über Kampfsportkünste oder zumindest Todesblicke verfügen, feixten wir, wenn er ab jetzt mal ganz locker alleine übernimmt. Wo wenige Meter vorher gerade sechs Männer mit Waffen ausgereicht hatten, so war er ab hier als Person ausreichend genug. Was er allerdings noch viel weniger besaß war ein eigenes Fahrzeug. Da waren wir dann doch ein wenig gespannt, wie er auch noch dieses Problem lösen wollte. Unsere Moppeds waren auf jeden Fall, bei seinem verschwitzten tapsigen Anblick, ganz voll und es gab wirklich nicht einen Quadratmillimeter mehr den wir entbehren konnten. -Ehrlich!