Was eine Ruhe. Weit weg von dem Trubel der Städte, erhaben, dem Universum so nah. Willkommen in der Zeitverschiebung und zurück in der Reiserealität....
Wir starteten am nächsten Morgen in Richtung Kathmandu und der Suche dort nach einem sicheren trockenen Stellplatz für die Motorräder. Schon in ein paar Tagen wollten wir für ein paar Monate nach Deutschland fliegen. Auf dem Weg nach Kathmandu verlor Coco noch einen ihrer 2 Hinterradbremsbeläge. Ersatz hatten wir inzwischen nicht mehr. Wir waren knapp an Material und unsere Maschinen nach Nordindien und Nepal nun wirklich im kritischen Allgemeinzustand. Wir stellten fest, dass auf einer Seite als Notbehelf auch die Vorderradbremsbeläge passten. Zusätzlich war wohl über die Standzeit der Bremskolben vorne in der Laufbuchse festgerostet. Natürlich waren wir nicht ganz unschuldig daran, weil wir die Schmierung vergessen hatten. Wir konnten somit vorne die Beläge nicht wechseln, da die Neuen nicht passten und damit musste bis Kathmandu (KTM) somit Metall auf Metall weiter als Notbremsung reichen. Somit ging es gleich vorne und hinten mit Notlösungen weiter. Nur ankommen. Auf dem Weg nach KTM wurde Coco dann auch noch zu allem Überfluss von einem Bus auf den schmierigen Seitenstreifen abgedrängt. Sie stürzte und purzelte ohne die Maschine den Hang herunter und wurde glücklicherweise gestoppt von einem Misthaufen. "Shit Happens", aber glücklicherweise war ausser ein paar blaue Flecken neben einem leicht verbeulten Tank bei Lilly nicht viel passiert. Es wurde Zeit, dass wir nun eine bald eine Ruhepause einlegten und unsere Moppeds in ein paar Monaten mit mitgebrachten Ersatzteilen wieder auf Vordermann bringen.
Das alles konnte uns trotzdem zu dem Zeitpunkt immer noch nichts anhaben. Die Erinnerungen an die Annapurna Trek waren noch so frisch. Wir waren woanders gewesen.... Hatten abgeschaltet vom Reisealtag. Körper und Geist wurden wiederaufgetankt. Wenn auch nur kurz. Frei nach Rüdiger Nehberg: Besser kurz und knackig, als lang und langweilig. In den Gedanken waren wir noch dort oben. Welch grandiose Natur es dort oben immer noch gab. Wie die Menschen dort mit dem Nötigsten auskommen mussten, wie rau das Wetter sein konnte und wie schnell es sich ändern kann. Wie relativ die Zeit dort oben war. Manchmal konnte man sich einfach an den Wegesrand setzen und in die Stille hineinhorchen. Ewig den fliegenden Wolken dabei zuschauen, wie sie immer wieder neue Formationen bildeten. Die Yaks beobachten wie sie langsam, als Herde, über die Weiten ziehen. Gemsen, die in der Dämmerung die steilen Wände erklimmen oder den Menschen, die hier oben so fremd erscheinen und Baumaterialien oder Nahrung auf dem Rücken über so lange Strecken auf den engen Wegen trugen.
Wir erlebten somit gerade noch das "heile" Nepal. Vor dem großen Erdbeben im April 2015. Zwei Monate nachdem wir das Land endgültig verließen wurde es verwüstet. In unseren Erinnerungen lebt dieses Nepal weiter und ist eines dieser Länder auf unserer Reise, welches wir auf Grund seiner Bergwelt noch immer nicht vergessen können, weil es so einzigartig ist. Wir lieben Berge! Wir haben uns entschlossen nochmals wiederzukommen.
Die Westseite war viel erschlossener. Hier gab es plötzlich Wifi und viele westliche Annehmlichkeit für den verwöhnten Globetrotter. Wie vermissten die Abgeschiedenheit und Ursprünglichkeit der Ostseite jetzt schon. Die Landschaft veränderte sich aus unserer Sicht nicht mehr so stark. Es war sehr steil und wir liefen einfach nur noch die Kilometer herunter.
Am späten Nachmittag entscheiden wir uns deshalb spasseshalber noch weiter bis nach Jomson zu laufen. Einfach so! Die nur noch 6,5 Stunden Wanderung erschienen uns irgendwie machbar. Der alte Mann und sein, " Nur noch.... Stunden bis ..." wirkte immer noch nach. Tatsächlich schafften wir es, weit nach Einbruch der Dunkelheit, mit müden Beinen in Jomson anzukommen. Nach 13 Stunden marschieren, 566 m Aufstieg zum Pass auf 5.416 m Höhe und einem Abstieg von sagenhafte 2.720 Höhenmetern war es dann aber genug für den Tag um selig einschlafen zu können. Uns gefiel die Westseite nicht mehr so besonders. Das Laufen verlor hier ihren Reiz. Ständig wurde man von gecharterten Geländewagen und Bussen mit winkenden Backpackern überholt, die auf wandern keinen Bock hatten und nur für einen Kurzbesuch hochgekarrt wurden. Vielleicht hatten wir das Glück das zu unsere Zeit die Ostseite auf Grund von Monsun und Erdrutsch so abgeschieden war. Deshalb war das hier für uns kein Wanderweg mehr sondern schon eine Autobahn. Von hier wollten wir deshalb weiterfahren bis nach Pokhara.
Die Zeitreise war zu Ende.
Von Jomson nahmen wir dann den ersten Bus am Morgen, um viellicht noch am selben Tag in Pokhara anzukommen. Ständiges Umsteigen war angesagt. Von einem Bus in den Nächsten, da es viele unpassierbare Stellen gab, die teilweise über Kilometer Umlaufen werden mussten. Wieder auf Grund von Erdrutschen, Überflutung oder stecken gebliebenen Fahrzeugen. Ein tagesfüllendes Programm, trotzdem trafen wir in der Dunkelheit in Pokhara in unserem alten Guesthouse ein.
Am späten Nachmittag des darauf folgenden Tages in Ngadi waren wir beim Ankommen dann überglücklich, als Tim und Lilly noch dort standen, wo wir sie vor sieben Tagen verlassen hatten. Große Erleichterung sie unversehrt zu sehen. Da das Guesthouse wirklich nur aus Hütten bestand, mussten wir unsere Klamotten erstmal auslüften. Der Monsun hatte hier im subtropischen Bereich heftig zugeschlagen und alles war feucht und teilweise auch schimmelig. Uns war das allerdings völlig egal. Wir waren erschöpft, aber zufrieden es gemeistert zu haben. Die Besitzerin kochte uns einen Tee auf dem Solarofen den hier so viele Familien zur Reduzierung der Waldrodung für Feuerholz und daraus resultierenden Folgen von Spendenorganisationen bekommen haben.
Morgens um 4 Uhr standen wir auf, um den nur gut zwei Stunden entfernten höchsten Punkt des Treks endlich zu erreichen. Die Nacht war trotz Sommer hier auf fast 5.000 m eiskalt gewesen. Wir lagen mit unserer kompletten Montur im Bett unter der Decke. Es war stockdunkel und die Sterne standen noch hell am Himmel. Kalter Wind pfiff uns beim Öffnen der Tür um die Nase. Dick eingepackt in wirklich alles was wir zum Anziehen mit dabei hatten, starteten wir alleine in die Dunkelheit. Schnell wünschten wir uns Handschuhe, welche wir aus Gewichtsgründen natürlich nicht dabei hatten. Ein paar Wechselsocken um die Hände taten es auch. Es war wirklich das erste Mal für uns so richtig kalt in Nepal. Mit den Lampen auf dem Kopf waren wie wohl bald nur noch kleine Pünktchen am Berg in dunkler Nacht. Mit dem Einsetzen der Morgendämmerung sahen wir das unter uns im Tal noch unter uns die Wolkendecke lag und nach oben hinaus die großen Berggipfel herausragten. Die Sterne verblassten langsam und die Konturen wurden immer deutlicher. Der Himmel nach oben war noch klar.
Mit Sonnenaufgang hatten wir es endlich geschafft und wir waren auf 5.416 m am Thorung La Pass.
Gerne gaben wir aber die große Tasche wieder ab. Hatten wir es doch dieses mal geschafft mit jeweils nur einem Rucksack los zu marschieren in diese zeitlose Welt.
Eine Frau beim Zertrümmern von Felsen für einen neu zu bauenden Weg saß neben dem Pfad. Besser gesagt. Sie saß auf einem riesigen Berg, den sie wohl in den letzten Tagen oder gar Wochen erarbeitet hatte!? Unter ihr wurde er wohl nur langsam immer größer. Wir fragten sie wie lange sie wohl dafür gebraucht haben möge. Konnten ihre Antwort aber nicht verstehen. Von Hand zertrümmerte sie weiter unermüdlich große zu kleinen Steinen. Eine aus unserer Sicht absolut monotone, mühsame und anstrengende Arbeit. Trotzdem schien sie frohen Mutes und lachte uns entgegen. Das beeindruckte uns zutiefst. Abgerechnet wurde anscheinend per Sack, den der Sohn auf dem Rücken tragend abholte.
Hier wurde ja schließlich alles auf dem Rücken getragen. Ob lange Holzbalken oder Monierstahl für die Häuser. Bis zu 120 kg laden einige von Ihnen sich auf. Das kann man nicht wirklich glauben, bevor man es nicht selber gesehen hat und einmal selber diese Lasten anhebt.
Die Relativität der Zeit.
Die Zeit schien hier wirklich irgendwie stehen geblieben zu sein. Unsere hastig, kurz getaktetes Leben aus dem Westen war an dieser Welt irgendwie vorbei gegangen oder noch nicht richtig angekommen. Versuchten wir nicht gerade die Zeit zu überlisten und sie auszudehnen in einer Umgebung in der die Zeit eigentlich stehen geblieben schien? Unglaublich viele schöne Eindrücke die sich hier in einem aufdrängten, welche die Zeit verfliegen ließen. War es uns deshalb möglich immer weiter zu wandern? In einer Umgebung in welcher die Zeit aus unserer Sicht still steht, rechnen die Menschen jeden Weg in Stunden. Ist dies nicht kontrovers? Und dennoch ist es die einzige Rechenart die hier oben bestand hat. Was sind schon 4 Stunden weiter wandern an einem 12 stündigen Wandertag, wenn die Umgebung einen immer weiter zieht und die Füße beinah von alleine laufen. Die Zeit wird relativ, auch für uns als Besucher dieses einmaligen Lebensraumes. Schon ein Augenblick kann von bedeutungsvoller langer Dauer sein.
Goethe sagte dazu: „Nur allein der Mensch vermag das Unmögliche…. Er kann dem Augenblick Dauer verleihen.“
Hier verstanden wir ihn. Wir fühlten uns frei, wir fühlten uns zeitlos und dennoch so klein. Umgeben von den hoch in den Himmel ragenden Berggipfeln. Wann tritt dieser Zustand jedoch ein? Wenn man allen Luxus und den ganzen Alltag hinter sich lässt oder ist es nur eine Frage der Umgebung? Das Zeitwandern hat uns nachdenklich gemacht. Hatten wir nicht mit dieser Motorradreise den all zu großen Komfort schon lange hinter uns gelassen?
Wir fragten uns, warum andere Menschen dann in ihren wenigen Tagen ohne Luxus ihn trotzdem auch noch mit auf den Berg trugen, als wir einige Stunden mit einer anderen Wandergruppe die wir unterwegs trafen mitliefen. Die meisten Menschen scheinen auch hier im Hochgebirge nicht auf ihren Komfort verzichten zu wollen. So das die Urlaubslektüre bestehend aus Büchern, große Kopfhörer und eine Menge Wechselklamotten irgendwie den Weg in die Tasche fanden. Viele Gruppen war allerdings hier mit einem Führer und eventuell sogar einem oder mehreren Trägern unterwegs. Ein Grund lag wohl darin, dass Sie den ganzen Klimbim wohl gar nicht selber tragen vermochten, den sie vermeintlich brauchten. Wofür packt man bloß soviel ein? Ok, den Trägern bringt es ihren Job und uns stellten sich die Haare zu Berge, als wir die Südkoranerin sahen die sogar gleich zwei Begleiter hatte. Einer der sie an die Hand nahm und mehr oder weniger den Berg hochzog und einen Weiteren, der ihre Tasche mit viel Krimskrams den Berg hinauf schleppte.
Die Tragevariente der Sherpas war dabei wirklich bemerkenswert. Die schwere gepackten Sporttasche wurde mit Hilfe eines Gurtes einfach vom Kopf gehalten. Eine Methode die uns zunächst fremdartig erschien. Haben wir als Westler doch gerne alles direkt auf dem Rücken und halten diese auch als am ergonomischten. Da wir wohl wirklich inzwischen topfit waren, stellte sich Olli seinem persönlichen Selbstversuch, bei welchem er sein Gepäck mit dem vom Träger der Koreanerin für eine Weile tauschte. Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so schwer war. Die Nackenmuskulatur wird zwar auf Dauer etwas Training benötigen, aber die Tragevariante war ansonsten ganz praktikabel. Alsbald ließen wir die Gruppe hinter uns.
„Man kann Dir den WEG weisen;
aber GEHEN musst Du ihn SELBST.“
~Bruce Lee
Versuchte Auffahrt mit Tim und Lilly:
20.08.2014
Auffahrt von Pokhara bis nach Ghermu 1130 m
21.08.2014
Wegen Bergrutsch notgedrungenes Umdrehen mit den Bikes und abstellen dieser in Ngadi auf 890 m
Die Wanderung beginnt:
22.08.2014 (Tag 1)
Los gewandert ab Nghadi bis Danaqyu auf 2.200 m (hiervon 8 km mit Jeep gefahren)
23.08.2014 (Tag 2)
Von Danaqyu bis Lower Pisang auf 3.250 m
24.08.2014 (Tag 3)
Von Lower Pisang bis Manang 3.540 m
25.08.2014 (Tag 4)
Von Manang bis Yak Kharka 4.050 m
26.08.2014 (Tag 5)
Von Yak Khara bis High Camp 4.850 m
27.08.2014 (Tag 6)
Vom High Camp über Thorong La 5.416 m (in 2.15 Stunden) nach Muktinath Steak essen und dann weiter nach Jomson 2.720 m
Rückfahrt:
28.08.2014 Bus von Jomson bis Pokhara
29.08.2014 Bus von Pokhara bis Nghadi
Insgesamt:
- 6 Tage gewandert
- 118 km gewandert
- durchschnittlich 19,6 km pro Tag gewandert
- 4.526 Höhenmeter in 6 Tagen aufgestiegen
- 2.697 Höhenmeter an einem Tag abgestiegen
- überquerter Pass Thorung La 5.416 m
Nepal
Land:
Nepal befindet sich in Südasien und erstreckt sich vom 26. bis 30. nördlichen Breiten- und vom 80. bis 88. östlichen Längengrad und umfasst eine Fläche von 147.181 Quadratkilometer. Nepal liegt zwischen Tibet im Norden und Indien im Süden.(Bevölkerungsdichte 180 Einwohner pro km² )
Einwohner:
26.494.504
(Stand: Nov 2012)
Hauptstadt:
Kathmandu
Sprache:
Nepalesisch
Währung:
Nepalesische Rupie (NPR)
Derzeitiger Wechselkurs:
1 € = 112 NPR
Gefahrene Kilometer:
Motorrad: 1.899 km
Bus: 284 km
Jeep: 8 km
Gewandert: 118 km
Gesamtkilometer : 2.309 km
Zeitraum:
28.04.2014- 23.05.2015
23.01.2015 - 15.02.2015
47 Tage
Täglicher km Durchschnitt:
(Auch Ruhetage und Wandertage sind inbegriffen)
49,1 km/Tag
Nepal
Land:
Nepal befindet sich in Südasien und erstreckt sich vom 26. bis 30. nördlichen Breiten- und vom 80. bis 88. östlichen Längengrad und umfasst eine Fläche von 147.181 Quadratkilometer. Nepal liegt zwischen Tibet im Norden und Indien im Süden.(Bevölkerungsdichte 180 Einwohner pro km² )
Einwohner:
26.494.504
(Stand: Nov 2012)
Hauptstadt:
Kathmandu
Sprache:
Nepalesisch
Währung:
Nepalesische Rupie (NPR)
Derzeitiger Wechselkurs:
1 € = 112 NPR
Gefahrene Kilometer:
Motorrad: km
Bus: km
Jeep: 8 km
Gewandert: 118 km
Gesamtkilometer : km
Zeitraum:
28.04.2014- 23.05.2015
23.01.2015 - 15.02.2015 ..867 km
22 Tage
Täglicher km Durchschnitt:
(Auch Ruhetage und Wandertage sind inbegriffen)
39,8 km/Tag
Alsbald wurde es steinig und steil, die Wolken hatten uns wieder, und wir verschwanden in der Suppe. Kalt und nass umhüllten sie uns. Kurz vor dem Ort Muktinath durchbrachen wir die Wolkendecke erneut und vor uns lagen die saftigen, grünen Felder des Tales. Nach sechs Stunden Wanderung gab es zur Feier des Tages zu Mittag ein Yaksteak in einem Guesthouse. Nach Tagen der Dal-Bat Set´s war das eine willkommene Alternative und unsere Energiespeicher konnten es gebrauchen.
Wahnsinn! Wir befanden uns also auf dem geografisch höchsten Punkt der Annapurna Runde, welche wohl zu den abwechslungsreichsten und schönsten Trekkingtouren der Welt zählt.
Noch lagen die Wolken im Tal und wir hatten einen atemberaubenden Blick über alle umliegenden Gipfel. Es war ein absolut erhabenes Gefühl. Die gesamte Annapurnagebiet mit ihren Sieben und Achtausender wie z.B. Annarpurna 1 (8.091 m) lagen um uns im Kreis. In solch einem Moment ist man überwältigt, das sich die Anstrengungen gelohnt hatten.
Über eine Stunde hielten wir uns hier oben auf, die Zeit verflog. Lag es am Sauerstoffmangel oder einfach an der berauschenden Umgebung? Wir jedenfalls starrten wie die Inder, so wie sie uns auf unseren Moppeds immer anstarrten. So schauten wir zu diesem Zeitpunkt das überwältigende umliegende Panorama an. Diesmal waren wir es, die versuchten jedes Detail im Kopf für die Ewigkeit ab zu speichern. Irgendwann holte uns nur der Blick auf die Uhr zurück. Wir hatten inzwischen schon leichte Kopfschmerzen. Die fehlende Akklimatisierung der letzten 48 Stunden machten sich wohl bemerkbar, aber trotzdem fühlten wir uns als könnten wir Bäume ausreißen. Die Freude über den Erfolg kann... (passendes Sprichwort an diesem Ort) ...Berge versetzen. Die ersten Sonnenstrahlen erwärmte inzwischen die Wolken, die nun mit zunehmender Geschwindigkeit an uns vorbei weiter nach oben schossen. Es schien als wollte die Zeit uns weiter festhalten in dieser absoluten Zeitlosigkeit. Doch der Tag sollte noch sehr lang werden und wir machten uns dann doch an den Abstieg in Richtung Muktinath. Das erste Stück fühlte man sich dabei wie nach der Mondlandung. Kahle große Flächen und wir als Winzlinge auf dem riesigen Berg. Trotzdem rannten wir den Berg förmlich herunter.
Am Highcamp auf 4.900 m übernachteten wir somit das letzte Mal vor dem Thorung La Pass.
Alles was die Natur nicht her gibt, muss heraufgetragen werden.
Am Rande des Weges entstand ein Haus und nahezu das gesamte Baumaterial wurde direkt im Umkreis entnommen. Steine aus zugehauenen Felsen wurden aufgemauert und mit selbst angerührtem Mörtel aus gesiebter Erde, Wasser und Lehm auf dem Rücken herangetragen. So entstand Stück für Stück ein Haus. Auf der Ebene davor grasten die Yaks. Mit ihrem prächtigen Behang sahen sie ganz friedlich aus, waren jedoch auch für Kämpfe untereinander aufgelegt, bei welchen sie sich über die Ebene jagten.
In einem kleinen Restaurant verarbeitet die Hausmutter gerade die Yakmilch, die hier unter anderem zur Käsezubereitung diente. Die frische Creme wurde durch ihre Finger auf Körbe gepresst, um sie in der Sonne trocknen zu lassen. Somit wurden sie haltbar gemacht, um auch im Winter dann Käse zu haben. Ein karges, hartes Leben auf dem Dach der Welt. Mit rauem Wetter und brennender Sonne.
Selbst auf fast 4.000 m gab es noch vereinzelt schattenspendende Bäume oder eine kleine Stupa die zu einer Pause einluden. Die hier lebenden Menschen waren aufgrund der Gegebenheiten gezwungen nahezu alles, wie z.B. Lebensmittel, Baumaterialen und andere benötigte Güter entweder selber zu erstellen oder aber in Gewaltmärschen hinauf zu tragen. Ab hier gab es auch keinen Weg mehr für Fahrzeuge, so dass nur noch Esel, Maultiere oder Menschen als Lastträger dienen konnten.
In Ladakh hatten wir schonmal die ersten Anzeichen von Höhenkrankheit, als wir uns mit den Motorrädern ohne Akklimatisation von ca 2.000 m auf 4.800 m an nur einem Nachmittag katapultierten und dort auch noch bei Einbruch der Dunkelheit notgedrungen unser Zelt aufschlugen, weil wir am nächsten Tag weiter über einen 5.300 m hohen Pass mussten. Keine besonders clevere Aktion im nachhinein.... In der Nacht wurde es dann schlimmer, da man über Tag bewusst schneller atmet, um die Sauerstoffunterversorgung zu kompensieren. Im Schlaf allerdings passiert das natürlich dann unbewusst nicht und der Sauerstoffmangel macht sich dann erst so richtig bemerkbar. Wir wachten schon nach ein paar Stunden mit starken Kopfschmerzen, Rastlosigkeit und leichtem Schwindel auf und es erfolgten weitere schlaflose Stunden bis zum Morgengrauen. Zum Glück kann man mit Motorrädern ziemlich schnell diesen Bereich verlassen, deswegen sollte man zu Fuß sicherlich genauer auf diese Anzeichen achten, da man viel länger braucht um die Höhe im Notfall wieder ab zu bauen.
Wir waren zeitmäßig hier allerdings in einer Zwickmühle und einigten uns auf ca. 500 m Aufstieg wenigstens am ersten Tag und hofften das noch eine Resterhöhung der roten Blutkörperchen aus Ladakh in unseren Körpern seien möge. Die Weiten, die Höhe und die spektakuläre Berglandschaft machten den weiteren Weg einfach unvergesslich und ließen uns den unermüdlichen Marsch trotz des merklich geringer werdenden Sauerstoffs und der Minderleistung irgendwie leicht erscheinen. Wir konnten uns einfach nicht sattsehen. Der Übergang vom Hinduismus zum Buddhismus mit seinen Stupas, Fahnen und Tempeln inklusive den Gebetsmühlen ließ die Strecke weiter spannend bleiben.
Das Wasser aus Plastikflaschen war uns neben dem ökologischen Gedanken auch noch viel zu teuer. Wir kauften nicht eine einzige. Aus den Brunnen sollte man ungefiltert allerdings nicht trinken, da es zwar direkt aus den Gletschern stammte, aber oft verunreinigt ist. Um Shivas Rache vorzubeugen setzten wir auf Silbernitrattabletten, die man sich in Nepal in fast jeder Apotheke besorgen kann. Der Geschmack war erträglich und ein Highlight war dann die zwei wiedergefunden Packungen Vitaminbrausetabletten aus den Tiefen unserer Motoradkoffern, die sich schon ewig als Mitbringsel von unserem letzten Familienbesuch in Goa ganz tief unten am Boden unseren Koffern tummelten und nun ihre große Zeit fanden. Fertig war unser Lieblingsgetränk. Vitaminbrause mit Orangengeschmack. Es wurden mal wieder die ganz kleinen Dinge zu Highlights.
Ab Manang (3.519 m) wollten wir es ein bisschen vorsichtiger angehen lassen. Vor Ort ließen wir am Nachmittag Cocos Schuhe bei dem örtlichen Schuster reparieren. Ihre Sohle, bei ihren in Pakistan gekauften Billigturnschuhen fiel einfach ab. Damit waren wir jedoch immer noch besser ausgestattet als so mancher Sherpa mit Badeschlappen. Während sie repariert wurden, stiegen wir beim Schuster aufs Dach und blickten weit über Manang zu den verschiedenen Gipfel der Annarpurna.
Wir schauten weiter in Richtung Annapurna Trek welcher sich von hier aus in Richtung bis zum Thorung La Pass auf 5.416 m zog und gut einzusehen war. Ein konstant ansteigender Weg mit ein paar schmaleren und steileren Abschnitte im letzten Drittel. Die Herausforderung lag eher in der Akklimatisierung als in der Höhe. Jeden Tag heißt es, soll man ab ca 3.500 m nur noch ca. 300 m aufsteigen und dort dann auch die Nacht verbringen. Das gilt für einen Normalsterblichen genauso, wie für einen Reinhold Messner. Die Akklimatisation dauert für jeden Menschen im Durchschnitt gleich lange. Der Körper braucht einfach die entsprechende Zeit für die Produktion von roten Blutkörperchen. Übertreibt man es, können erste Anzeichen der Höhenkrankheit wie z.B. Kopfschmerzen, Schwindel einsetzten. Wenn man dieses ersten Anzeichen nicht beachtetet, kann es bis zum Lungen- oder Hirnödem und damit zum Tod führen. Uns waren schon einige Wanderer entgegen gekommen, die sich gerade auf dem Rückweg befanden, weil sie sich unwohl fühlten und sie es wohl übertrieben hatten. Dazu wollten wir natürlich nicht gehören und kannten außerdem diese Gefahr nur zu gut. Jedes Jahr sterben auf dieser Route auch daran Menschen.
16.12.2015
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Varanasi - Riechen, Schmecken, Hören und Sehen einmal anders - inmitten des heiligen Wahnsinns
16.04.2015
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Pakistan ein Land der Extreme, zwischen grandioser Hochzeit, Zollchaos und [...]
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Letztes Update: 09.03.2017
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