Auch die restlichen Kühe die unser Vermittler uns noch zu zeigen versuchte, stellten sich als Flop heraus und so waren wir wieder mal bei Null. Warum er einen ganzen Tag Fahrt investierte um bei uns persönlich vorher in Lahore vorbei zu kommen und dann vor Ort ein solches Armutszeugnis ablieferte wird uns ein immerwährendes pakistanisches Rätsel bleiben. Er hatte doch auch Zeit, Geld und Energie investiert. Also Augen auf beim Kuhkauf! Die Zeit war vergeudet und jetzt mussten wir es mal wieder selber in die Hand nehmen. Wir wollten also eine Nacht hier bleiben und am nächsten Tag gestärkt ins Rennen gehen und gleich in der Gegend suchen. Es muss doch einen Farmer geben mit registrierten, reinrassigen Sahiwal Kühen???
Auf dem Weg zu einer Art Restaurant wollte dann leider zu allem Überfluss auch noch unser alter Suzuki “Bolan“ die volle Aufmerksamkeit. Er zog plötzlich nicht mehr. Keine Leistung mehr. Wir schleppten nur mit Mühe zu irgendeiner Werkstatt im nächsten Dorf.
Das war genau das was wir brauchten! Im tiefsten Punjab mit Motorschaden endgültig versenkt.
Nun kam, zugegebendermaßend mit deutschem Denken, die bittere Erkenntnis: Das ist ein wirtschaftlicher Totalschaden! Die Reparatur lohnt sich bei der alten Kiste nicht mehr. Wir können wohl mit dem öffentlichen Bus nach Hause fahren.“ Mitten auf dem Land waren wir nun gestrandet. In irgendeinem Nest hingen wir fest und es würde bald dunkel werden, aber Pakistan konnte einen auch hier immer wieder aufs neue überraschen. Der Werkstattleiter versprach, das wir in einer Stunde weiter fahren könnten. Er würde nur schnell die Zylinderkopfdichtung wechseln, die wäre nämlich defekt. Was? “Wie Bitte?“ Wie soll das denn gehen? Woher weiss er das überhaupt. Wir waren uns nicht sicher ob das irgendeine Diagnose war nur um uns noch möglich viel Geld aus der Tasche zu ziehen und uns endlos hier zu behalten. Eine Kopfdichtung zu wechseln dauert in Deutschland oft einen vollen Arbeitstag und je nach Fahrzeug kann man für diese Aktion auch locker einen halben deutschen Monatslohn einrechnen. Sind wir hier etwa bei einem Ralley Pitstop gelandet? 1500 Rupien (ca.10€) sollte kosten, entgegnete er daraufhin nüchtern und wir sollten uns überhaupt keine Sorgen machen. Keine große Sache. Es sei die Kopfdichtung! Er wüsste das ganz genau. In gut einer Stunde könnten wir weiterfahren.
Wir waren uns jetzt ganz sicher, das wird scheitern. Niemals wird in dieser "Wurschtelwerkstatt" die nur aus einer Garage mit ein paar Jungs und Wagenheber davor bestand, in einer Stunde irgendwas fertig sein oder gar unser Gefährt wieder laufen. Wir richteten uns schonmal mental auf eine lange Nacht in der Werkstatt ein. Was sollten wir denn auch anderes tun?
Wir hatten nur mit einer Sache nicht gerechnet, denn was dann passierte glaubt man wirklich nur wenn man es selber gesehen hat. Menschen! Denn als das mißmutige Startsignal zur Reparatur unsererseits gegeben wurde, stürmten mehr als ein halbes dutzend Angestellte das Fahrzeug. Wo die nun alle her kamen? Keine Ahnung! Mit gut sechs Leuten schafft man allerdings viel mehr als in Deutschland, wo man sowas mit ein bis zwei Mann repariert.
Volljährig oder nicht, es waren viele. Ein kleiner Junge von nichtmal 10 Jahren reichte in nächster Zeit fleissig Maulschlüssel, Gabelschlüssel, usw.... an. Alle anderen stürmten in das Auto und an allen Stellen wurde nach dem Ameisenprinzip gleichzeitig die Verkleidung, Sitze, Anbauteile entfernt um an den Motor zu kommen und ihn schliesslich auseinander zu nehmen. “Ob die auch das was sie dort zerlegen, jemals wieder zusammen bekommen? fragten wir uns und waren weiterhin überhaupt nicht überzeugt. Nach 30 Minuten hielt der Chef dann plötzlich die ausgebaute defekte Zylinderkopfdichtung triumphierend in der Hand. Er hatte recht gehabt. Die Dichtung war zwischen erstem und zweiten Zylinder gerissen. Nun kam aber noch der Zusammenbau.... Die Kiste sollte ja auch nachher wieder laufen. Unglaublicherweise schafften Sie es tatsächlich in der sagenhaften Zeit von einer Stunde und 20 Minuten, dass wir wieder vom Hof rollen konnten und auch anscheinend alle Schrauben wieder den richtigen Platz gefunden hatten. Dieses “Formeleins-Werkstattteam“ hatte uns schwer beeindruckt. Die Karre lief!
Man muss natürlich sagen, dass dieser Minibus Suzuki Bolan hier zu zehntausenden gefahren wird und unsere Werkstattchef und seine “Boxencrew“ das wohl wahrscheinlich schon hunderte, wenn nicht tausende Male gemacht hatten. Wir waren aber trotzdem unglaublich happy genau hier gestrandet zu sein.